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Nierenforschung im Aquarium

Hochkarätige Forschung zu Ursachen von Fehlbildungen

In einer am 19. April 2022 in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communicationsveröffentlichten Studie konnte die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Gerd Walz, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin IV am Universitätklinkikum Freiburg, zeigen, dass kleine labyrinthartige Membranausstülpungen auf der Zelloberfläche notwendig sind, um bewegliche Zilien an der Zelle zu verankern. Die Erkenntnisse, die im Rahmen des Exzellenzclusters Centre for Integrative Biological Signalling – CIBSS der Uni Freiburg des SFB NephGen entstanden sind, können helfen, Defekte an Zilien und die Ursache damit verbundener Krankheiten besser zu verstehen.

 

Rasterelektronenmikroskopie und hochauflösende konfokale Bildgebung von Xenopus-Epidermiszellen liefern neue Erkenntnisse über die Entwicklung von Zilien bei Wirbeltieren. Foto: Gerd Walz

Ein Fokus Arbeitsgruppe von CIBSS-Mitglied Walz liegt darauf zu erkunden, wie sogenannten Zilien in der Entwicklung entstehen. So werden haarartige Strukturen auf Zellen genannt, die beispielsweise für den Partikeltransport in Lunge, Niere und Gehirn von zentraler Bedeutung sind. Auch für die Entwicklung von Zellen und Geweben sind sie wichtig. Störungen der Zilienfunktion oder -struktur führen zu schwerwiegenden Erkrankungen, unter anderem zu polyzystischen Nieren, Gehirn- und Herzfehlbildungen, Adipositas, Blindheit und Leberfibrose. Dies untersuchen die Wissenschafter*innen in Walzs Team unter anderem an Krallenfröschen und nutzen dazu eine hochmoderne Infrastruktur am Uniklinikum Freiburg: Die zentrale Einheit des IMITATE zur erforschung aquatischer Organismen namens AquaCore.  

Von Krallenfröschen über Menschen lernen

Mensch und Krallenfrosch sind Wirbeltiere und teilen sich rund 21.000 von insgesamt 23.000 Genen. Das ermöglicht es Forscher*innen, anhand von Untersuchungen des Krallenfroschs viel über menschliche Entwicklungen und Krankheiten zu verstehen. Ein weiterer Vorteil: „Die Tiere legen sehr viele durchsichtige Eier, deren Entwicklung sehr einfach in einer Petrischale oder mittels Lichtmikroskop beobachtet werden kann. Zudem ist es verhältnismäßig einfach, in die Genaktivität und -funktion einzugreifen und so die Bedeutung einzelner Gene zu verstehen“, so Dr. Peter Walentek vom Exzellenzcluster CIBSS, der zum Team von Walz gehört. Gleichzeitig wird durch die Untersuchung von Fisch- und Froscheiern dem 3-R Prinzip Rechnung getragen, also die Verringerung von Versuchstieren, deren Ersetzen durch andere Organismen oder Methoden oder das Verfeinern der Experimente. So kann die Untersuchung des Krallenfroschs Studien an Säugetieren zum Teil ersetzen.

 

Die AquaCore Einheit gehört bundesweit zu den modernsten Einrichtungen, was die Untersuchung aquatischer Organismen angeht. Bild: Peter Walentek

Am Institut IMITATE wurde die zentrale Einheit AquaCore eröffnet, die komplexen Untersuchungen von aquatischen Tiermodellen ermöglicht

Modernste Ausstattung, große Kapazitäten und kollegiale Unterstützung bei der Durchführung von Experimenten: Das bietet die neu etablierte AquaCore Einheit am Institute for Disease Modelling and Targeted Medicine (IMITATE). Insbesondere die Untersuchung von Krallenfröschen (Xenopus laevis, X. tropicalis) und Zebrafischen (Danio rerio) stehen hier im Mittelpunkt der Forschung. Das Team der AquaCore Facility um Walentek und PD Dr. Toma Yakulov von der Klinik für Innere Medizin IV der Uniklinik unterstützt Interessierte bei der Planung und Umsetzung ihrer Studien. Darüber hinaus wird Forschenden auch die gesamte Infrastruktur der Einheit mitsamt Plätzen für Mikroskopie, Mikroinjektion und Kältekonservierung (Kryokonservierung) zur Verfügung gestellt. „Räume und Ausstattung der AquaCore Facility gehören vermutlich weltweit zur absoluten Spitze“, freut sich Walentek. Auch die Aus- und Weiterbildung von Forscher*innen gehören zu den zentralen Zielen der Einheit.

https://www.uniklinik-freiburg.de/aquacore.html

Originalpublikation:
Yasunaga, T., Wiegel, J., Bergen, M.D. et al. Microridge-like structures anchor motile cilia. Nat Commun13, 2056 (2022). doi.org/10.1038/s41467-022-29741-3