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Goldmedaille und weitere Auszeichnungen für das Freiburger iGEM-Team

Das Studierendenteam der Universität Freiburg war beim internationalen iGEM-Wettbewerb für synthetische Biologie erfolgreich

CELLECT nennen die 10 Bachelorstudierenden des diesjährigen Freiburger iGEM-Teams ihr System, das sie in mehrmonatiger Arbeit entwickelt und getestet haben. Es besteht aus DNA- und mRNA-Elementen, die, in Bakterien eingesetzt, die gentechnische Produktion von Wirkstoffen oder anderen Molekülen verbessern sollen. Jetzt planen sie die nächsten Schritte in Richtung Anwendung.

 

iGEM steht für „international Genetically Engineered Machine“. Der Name weist darauf hin, dass es bei dem Wettbewerb um Entwicklungen aus dem Bereich der Synthetischen Biologie geht. Der Wettbewerb richtet sich an Schüler*innen und Studierende und hatte in diesem Jahr über 400 teilnehmende internationale Teams. Im November fand das Grand Jamboree – die große Abschlussveranstaltung – in Paris statt. Dort erhielt das Freiburger Team für ihr Projekt CELLECT eine Goldmedaille für besondere Exzellenz, Nominierungen in diversen Kategorien und eine Platzierung unter den Top 10 der Teams ihrer Altersklasse.

 

Den folgenden Bericht schrieb Team-Mitglied Melita Dyla.

 

Das iGEM Team Freiburg und die Team-Betreuer*innen beim iGEM 2023 Grand Jamboree. Oben von links nach rechts: Konstantin Jäschke, Michael Spädt, Kevin Postol, Anna Indricane, Benjamin Vogt, Andreas Riedlberger, Jonathan Kühfuß, Jeremy Ranniger, Leon-Samuel Icking. Mitte von links nach rechts: Nicole Gensch, Anne Smedegaard Frederiksen, Hannah Swientek, Amelie Stange, Yara Jenin Jamal, Miriam Denda, Jonas Pleyer. Vorne kniend: Melita Dyla. Bild: iGEM Team Freiburg 2023

 

Unser Projekt: CELLECT

 

CELLECT ist aus den englischen Begriffe ‚cell‘ (Zelle) und ‚select‘ (auswählen) zusammengesetzt, was die Anwendung schon ganz gut beschreibt: Wir wollen damit bei der gentechnischen Produktion von Substanzen in Bakterien genau die Bakterienzellen auswählen, die die gewünschte Substanz produzieren. Dies stellt ein reales Problem in der Industrie dar: Denn die Bakterien, die nicht in großen Mengen ein bestimmtes Produkt produzieren, benötigen weniger Energie und vermehren sich dadurch schneller. Diese schnell wachsenden Bakterien verdrängen dann die übrigen, produktiven Bakterien im Bioreaktor. Die herkömmliche Methode, Antibiotika zu verwenden, um die Selektion und Vermehrung der gewünschten produktiven Bakterien zu steuern, ist häufig nicht ausreichend.

 

Unsere Lösung ist ein selbstregulierendes System, das wir in Bakterien einsetzen können und das das Überleben des einzelnen Bakteriums daran koppelt, dass es die gewünschte Substanz tatsächlich produziert. Das System wirkt wie ein Kill-Switch, der automatisch aktiviert wird, wenn das Bakterium mit der Produktion aufhört – zum Beispiel, weil es das Gen für das Produkt verliert oder weil das Gen defekt ist. Auf diese Weise werden nur die produktiven Zellen ‚CELLECTiert‘.

 

Dafür nutzen wir einen spezifischen ‚Riboswitch‘ (eine mRNA-Sequenz), der die gewünschte Substanz erkennt, und verknüpfen ihn mit einem Toxin/Antitoxin (Gift/Gegengift) System. Es sorgt dafür, dass nur produktive Bakterienzellen überleben. Theoretisch lässt sich das System für jede herzustellende Substanz einsetzen – wir haben uns für die Produktion des essentiellen Vitamin B12 entschieden.

 

Für die Umsetzung im Rahmen des Wettbewerbs hatten wir ungefähr ein Jahr Zeit. Gleichzeitig geht es in dem Wettbewerb auch darum, die Idee überzeugend in verschiedenen Formaten wie Vorträgen, Präsentationen und auf einer eigenen Website vorzustellen.

Schematische Darstellung von CELLECT: Der Riboswitch (grau) ist vor ein Toxin-Gen (orange) geknüpft. Links: Wenn das gewünschte Produkt (rot) vorhanden ist, passiert nichts. Rechts: Produziert das Bak-terium das gewünschte Produkt nicht mehr, wird ein Toxin (blau) gebildet. Illustration: Yara Jenin Jamal und Michael Spädt

 

So war es: Das iGEM Grand Jamboree in Paris

 

Wir sind alle gemeinsam mit dem Zug von Freiburg nach Paris gereist. Der erste Tag des Jamborees startete mit einer Begrüßungs- und Eröffnungszeremonie, bei der sich verschiedene Sponsoren und Partner des iGEM-Wettbewerbs vorstellten – danach ging es direkt mit den formalen Punkten des Finales weiter.

Der Saal beim iGEM Grand Jamboree 2023. Bild: iGEM Foundation, CC BY 2.0 DEED

Wir hatten schon vorab einen Zeitplan erhalten, wann unsere ‚Judging Session‘ anfangen würde – wir waren sofort nach der Begrüßung dran. Wir sammelten uns also vor dem Raum und waren bereit, CELLECT vor der Jury zu pitchen.

 

Ein paar technische Schwierigkeiten zu Beginn waren schnell behoben, dann konnten wir uns ganz auf unseren Pitch und die konkreten Fragen der Jury konzentrieren. Die anfängliche Nervosität vor der Jury wich rasch einem beruhigenden Gefühl, als uns bewusst wurde, dass die Jury genauso begeistert von CELLECT war wie wir selbst.

Das iGEM Freiburg Team kurz vor der Judging-Session. Bild: iGEM Team Freiburg 2023

Für denselben Nachmittag und den darauffolgenden Tag wurde uns ein Stand zugeteilt, an dem wir CELLECTallen Interessierten vorstellen und die Zukunft des Systems diskutieren konnten – unser Ziel ist es, CELLECT als universelles autoregulatorisches System so weit zu verbessern, dass es für jedes gewünschte Produkt und in verschiedenen Organismen eingesetzt werden kann.

 

Wir wechselten uns am Stand ab, sodass wir alle die Gelegenheit hatten, auch die Stände der anderen Teams und Unternehmen aus aller Welt kennenzulernen.

Der Stand des Freiburger iGEM-Teams beim Grand Jamboree in Paris. Bild: Leon-Samuel Icking

Am dritten Tag des Jamborees präsentierten wir CELLECT in der sogenannten ‚Plaza-Präsentation‘ vor einem gefüllten Publikum. Auch hier hatte die Jury noch einmal die Möglichkeit, sich ein Bild von dem Projekt zu machen und Fragen zu stellen. Die Stimmung war super und die Begeisterung des Publikums für CELLECTwar jede einzelne Hürde wert, mit der wir vorher im Labor zu kämpfen hatten.

 

Am abschließenden Tag des Jamborees wurden die hart erkämpften Auszeichnungen verliehen. Wir erhielten die Goldmedaillie für besondere Exzellenz und sicherten uns einen Platz unter den TOP 10 Overgraduate Teams (Teams, in denen mindestens ein Mitglied über 23 Jahre alt ist oder schon einen Universitätsabschluss hat). Wir können immer noch kaum fassen, dass wir wirklich so viel erreicht haben! Für uns ein absoluter Triumph. Zusätzlich waren wir noch nominiert für die Kategorien ‚Best Foundational Advance Project‘ (Beste Grundlagenforschung)‚ Best New Composite Part‘ (Bestes Bauteil) und ‚Best Wiki‘ (Beste Website).

Das iGEM Freiburg Team während der Plaza-Präsentation. Bild:
Melita Dyla

Fazit und Danke

 

Die Teilnahme am iGEM-Wettbewerb war eine aufregende und emotionale Reise mit einigen Tiefen, die aber vor allem von Höhen geprägt war. Ganz besonders wertvoll für uns war die helfende Hand unserer Projektleiterin Dr. Nicole Gensch von der ‚Signalling Factory‘ der Universität Freiburg und die Unterstützung unserer Betreuer*innen, von denen die meisten selbst noch studieren und im letzten Jahr Teil des iGEM-Teams waren: Anne Smedegaard Frederiksen, Jonas Pleyer, Michael Spädt, Leon-Samuel Icking, Andreas Riedlberger, Nikita Edel und Jeremy Ranniger. Das letztjährige iGEM-Team hatte ebenfalls eine Goldmedaille und den Preis ‚Best Foundational Advance Project‘ mit nach Freiburg gebracht und haben ihre Erfahrungen und Lust auf kreative Forschung mit uns geteilt. Danke!

 

Entscheidend für die Gestaltung von CELLECTwar zudem die Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Annegret Wilde,Prof. Dr. Wolfgang R. Hess,Jun-Prof. Dr. Khaled Selim undPD Dr. Luciana Hannibal an der Universität Freiburg.

 

Wir danken auch ganz besonders CIBSS und BIOSS sowohl für die finanzielle Unterstützung als auch die Bereitstellung des Labors. Und ganz besonders für das unschätzbare Wissen, das wir von den Mitgliedern von CIBSS und BIOSS und weiteren Professor*innen der Universität Freiburg erhalten haben. Die Gemeinschaft und die Unterstützung, die wir in diesem Forschungsumfeld so selbstverständlich erhalten haben, haben uns immer wieder motiviert und gestützt.

 

Die Möglichkeit, die Universität Freiburg und die Signalforschungszentren CIBSS und BIOSS auf internationaler Ebene zu repräsentieren, war für uns eine Ehre.

 

Mit Stolz blicken wir auf unsere Errungenschaften zurück und wünschen den künftigen iGEM-Teams der Universität Freiburg ebenso viel Spaß und Begeisterung dabei, die synthetische Biologie voranzutreiben, wie wir sie hatten.

 


WEITERE INFORMATIONEN ZU IGEM UND DEM IGEM TEAM FREIBURG 2023

CELLECT Website
CELLECT Video
Website des iGEM Wettbewerbs

 

Über iGEM

 

In diesem Jahr feierte iGEM sein 20-jähriges Jubiläum. Der Wettbewerb, der ursprünglich vom MIT in Cambridge/USA ins Leben gerufen wurde, ist mittlerweile ein internationales Event, an dem allein in diesem Jahr 400 Teams aus über 50 Ländern teilgenommen haben. Die Teams aus Schüler*innen und Studierenden entwickeln dafür eigenständig Methoden der synthetischen Biologie, mit denen sich reale Probleme lösen lassen.  

 

Seit 2007 haben über 20 Teams der Universität Freiburg teilgenommen. Gefördert wurde das diesjährige Team durch den Exzellenzcluster CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies, das wissenschaftliche Zentrum BIOSS – Centre for Biological Signalling Studies, die Fakultät für Biologie und die Fakultät für Chemie und Pharmazie der Universität Freiburg. Weitere Unterstützung erhielt es durch den iGEM - Impact Grant, Roche, der Sparkasse Freiburg im Breisgau und folgende Sponsoren: SnapGene, New England Biolabs, Carl Roth Gmbh & Co. Kg, Bio-Rad, Microsynth AG, Demeditec Diagnostics GmbH, Integrated DNA Technologies, Greiner Bio-One, CellDEG, Tebubio, Macherey-Nagel, Labor LS SE & Co. Kg, Zymo Research Europe GmbH.