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Die Sehnsucht nach produktivem Austausch stillen

60 Nachwuchspflanzenwissenschaftler*innen versammeln sich online, um ihre Erkenntnisse zu diskutieren und neue Kontakte zu knüpfen

Das Young Researchers Symposium on Plant Photobiology (YRSPP) 2022 fand online statt, um jungen Photobiolog*innen ein Forum zu geben, in dem sie ihre neuesten Erkenntnisse diskutieren und neue Kollaborationen starten können. Für dieses 3-tägige Event vom 9. bis 12. März 2022 hat eine Gruppe von Nachwuchswissenschaftler*innen aus Glasgow, Köln und Freiburg kreative Wege gefunden Wissenschaft online zu präsentieren und den Austausch zwischen dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu ermöglichen. In diesem Artikel beschreiben Oliver Artz (Diaz Lab, Memorial Sloan Kettering Cancer Center, NY) und Philipp Schwenk (AG Hiltbrunner, Universität Freiburg) ihre Erfahrungen für CIBSS.

 

Der Austausch von Ideen und Zusammentreffen mit Kolleg*innen ist ein Grundpfeiler wissenschaftlicher Arbeit und ein wichtiger Ideenmotor. Die letzten Jahre waren schwierig für uns als wissenschaftliche Community von Nachwuchswissenschaftler*innen; Konferenzen wurden verschoben oder in den Onlineraum ausgelagert. Unsere Community suchte dringend nach Alternativen.

Insbesondere für den wissenschaftlichen Nachwuchs ist es essenziell, ihr Netzwerk aufzubauen und herauszufinden, was sich auf ihrem Feld tut. Die großen Konferenzen sind oftmals Plattformen für etablierte Laborleiter*innen und  Professor*innen, die hier ihre Arbeit bewerben. Neulinge und wenig etablierte Forschende stellen meistens Randfiguren dar. Wir wollten mit der zweiten YRSPP diese Lücke füllen. Die erste Konferenz dieser Serie fand 2018 in Köln statt, gesponsert vom Exzellenzcluster CEPLAS. Hier wurde bereits Nachwuchswissenschaftler*innen der Photobiologie die Möglichkeit gegeben, ihre Wissenschaft zu präsentieren. Das Online Format stellte uns jedoch vor ganz eigenen Herausforderungen.

Das Programm war dicht gepackt mit Vorträgen aus allen Spielarten der Photobiologie: Von biochemischen Themen über Photorezeptordynamiken, bis hin zu physiologischeren Bereichen wie die circadiane Rhythmik. Für uns Organisatoren war es eine große Freude zu sehen, wie die gesamte Community zusammenkam. Freunde, die wir aus vorhergehenden Konferenzen kannten und neue Gesichter, die unser Feld bereichern, führten  wissenschaftliche Diskussionen auf höchstem Niveau.



Daniele Rosado

Poster sessions in Gather Town were the best virtual sessions I’ve ever been to.

Auf kreative Weise Onlinemeetings sinnhaft werden lassen

Wir alle sammelten Erfahrungen in den letzten zwei Jahren mit Onlineveranstaltungen:    Von Konferenzen bis Labormeetings: mit vielen Formaten wurde online experimentiert. Wir alle lernten die Vor- und Nachteile dieser Formate kennen. Insbesondere virtuelle Konferenzen blieben in unserem Gedächtnis mit einem “G’schmäckle” zurück, da die sozialen Aspekte weit hinter ihren Echt-Welt-Pendants zurück fiel. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf versuchten wir ein Programm zu entwerfen, dass der sozialen Interaktion vermehrt Raum gab: Auf Vorträgen folgten  extra-lange Diskussionsblöcke   - und das wurde sehr gut angenommen. Aus der Frage-Antwort-Session wurden angeregte Diskussionen rund um die jeweilige Thematik. Es ist immer wieder erstaunlich, wie präzise und mit welch hoher Expertise bereits die jungen Wissenschaftler*innen die Vortragenden befragten, welche spannenden Impulse sie dem Feld lieferten.

Dazu konnten wir drei hochkarätige Keynote Sprecher*innen für unsere Tagung gewinnen: John Christie, Margaret Ahmad und Karen Halliday. Sie bereicherten die Konferenz nicht nur mit ihrer Expertise, sondern auch mit ihren Tipps zur Karriereplanung. In ihren  Vorträgen gaben sie uns auch jeweils eine historische Einordnung ihres spezifischen Fachgebiets und stellten  deren aktuelle Herausforderunge vor. 

Eine Poster-Präsentation im virtuellen Raum

Ganz im Sinne einer “realen Konferenz” wollten wir auch Möglichkeiten zur Präsentation von Postern geben. Unsere bisherigen Erfahrungen mit Online-Poster-Sessions waren alles andere als befriedigend, da die asynchrone Art der Online-Präsentation eine echte Diskussion häufig verhinderte. Wir kamen hier darauf den Service Gather.Town zu benutzen: Eine Synthese aus Onlinekonferenz-Tool und 90er Pixel-Art versprach eine beinahe echte Poster Session. Das FRIAS stellte uns hierfür ihr digitales Institut und Infrastruktur zur Verfügung. Diesen Raum zu erkunden, dabei auf andere Teilnehmer zu treffen, mit Ihnen und an ihren Postern zu diskutieren fühlte sich beinahe real an. Das spielerisch-intuitive Element inklusive seiner Schwierigkeiten führte zu Interaktionen, die sich erstaunlich echt anfühlten.

Was ist Photobiologie? Licht löst einen Entwicklungsschalter aus. Diesen Effekt zu verstehen, ist eines der Hauptziele der Forschungsrichtung. (Bild: Prof. Dr. Andreas Hiltbrunner)

Sich kennenlernen beim Pubquiz

Um sich weiter kennen kennenzulernen lernen, organisierten wir zwei Events, außerhalb des wissenschaftlichen Hauptprogramms. Michel, Schauspieler & Quizmaster des Vorderhauses in Freiburg, veranstaltete mit uns am ersten Abend ein Pub Quiz, das mit viel Witz und Charme beinahe vergessen ließ, dass wir uns in einem Onlineevent befanden und nicht zusammen bei einem Bier in einer Kneipe saßen. Am zweiten Abend versammelten sich die Teilnehmer*innen zu einem “Show-and-tell” bei dem jede*r die Möglichkeit hatte über ihre Hobbys zu reden. Es mag nicht jeden überraschen: Das vergnügliche Event unter Pflanzenforscher*innen entwickelt sich bald  zum detaillierten Gespräch über die Pflege diverser Hauspflanzen, die stolz via Webcam vorgeführt wurden. Trotz dieser Erkenntnis war es spannend, die jeweiligen Hobbys der Teilnehmenden kennenzulernen,  bevor der dritte und letzte Tag des wissenschaftlichen Programms anstand.


Die Zukunft der YRSPP

Nach mehr als 20 Vorträgen, und der Diskussion an mehr als 40 Postern stimmten die Teilnehmer*innen demokratisch über den besten Vortrag und das beste Poster ab. Diese gingen an Katharina Bursch (bester Vortrag) und Sarah Courbier & Marissa Valdivia-Cabrera (je bestes Poster). Nach einer herzlichen Verabschiedung von alten und neuen Freuden nahmen wir das Lächeln auf den Gesichtern als Zeichen dafür, dass die YRSPP 2022 ein großer Erfolg war. Da die Organisation der YRSPP tatsächlich ein reiner “community effort” ist, steht und fällt die Fortführung dieser Konferenz mit engagierten Doktorand*innen und Postdoktorand*innen,  die ihre Zeit investieren. Und: wir waren mehr als glücklich, dass sich ein mutiges Team fand, dass die YRSPP 2024 hoffentlich zurück in den Realraum nach Utrecht, Niederlande bringt.



Andrés Romanowski

We are very excited and welcome the opportunity of carrying the YRSPP flame from Freiburg to Utrecht. We want to keep this flame alive to continue fostering the current and future generations of plant photobiologists. YRSPP is a great place for networking, showcasing our work, and getting to know this beautiful community. We certainly believe that keeping this alive is worth it!

YRSPP - Der Hintergrund

Die Idee der YRSPP wurde in einem Aufzug in einem Konferenzzentrum in Matsue, Japan geboren. Einige Doktorand*innen waren leicht frustriert, dass auf dem wichtigsten Meeting der Photobiologie (ISPP) Nachwuchswissenschaftler*innen maximalst eine Nebenrolle spielten. Und waren der Meinung, dass die Zeit reif wäre für Meeting, dass diese Lücke füllt. 2018 wurde die erste YRSPP in Köln abgehalten. Hier konnten sich mehr als 50 Nachwuchswissenschaftler*innen sehr erfolgreich vernetzen. Direkt danach fand sich (bei Bier aus erstaunlich kleinen Gläsern) direkt das nächste Team, das bereit war die YRSPP 2020 zu organisieren (die aus pandemischen Gründen auf 2022 fiel). Die diesjährige YRSPP wurde von Beatrix Enderle (AG Hiltbrunner, Universität Freiburg), Nikolai Kahle (AG Hiltbrunner, Universität Freiburg), Dorothee Lambert (former AG Hiltbrunner, University of Freiburg), Elisa Vellutini (Kaiserli Lab, Universität Glasgow), Philipp Schwenk (AG Hiltbrunner, Universität Freiburg) und Oliver Artz (Diaz Lab, Memorial Sloan Kettering Cancer Center, NY) organisiert.

Dieses Event wäre nicht möglich gewesen ohne die Unterstützung von CIBSS, dem Freiburg Institute of Advanced Studies (FRIAS) und dem Institut für Biologie II der Universität Freiburg. Alle drei Sponsoren gaben ihre Unterstützungszusage für eine analoge Konferenz in 2020, nicht ahnend, dass eine globale Pandemie bevorstand. Wir als Organisatoren mussten mit den ständig wechselnden Rahmenbedingungen kämpfen, bis wir uns schlussendlich entschieden, die YRSPP 2022 digital abzuhalten. Unsere Sponsoren standen jedoch fest an unserer Seite und waren eine unabdingbare Hilfe für den Erfolg unseres Unterfangens. Daher an dieser Stelle nochmal ein großes Danke an CIBSS, FRIAS und BioII!